Wer in Jena derzeit mit dem Auto unterwegs ist, muss viel Zeit einplanen. Diverse Straßensperrungen, Baustellen und ständige Engpässe bei Parkplätzen sorgen regelmäßig für Wutausbrüche und erhobene Mittelfinger.
Als ich das letzte Mal mit zwei nörgelnden Kindern im Stau stand, war klar – eine neue Transportlösung muss her. Mit einem Lastenrad in Jena ist man mobil, schnell und kann nebenbei noch den Wocheneinkauf bequem nach Hause fahren.
Lastenrad vs Fahrradanhänger?
Tatsächlich war ich noch nie ein großer Fan des Fahrradfahrens. Ich besitze ein altes Klappfahrrad, das immer genau dann einen Platten hat, wenn ich es einmal im Vierteljahr aus dem Keller holen möchte. Auch Fahrradanhänger sind mir suspekt. Abgesehen von dem Fakt, dass sie wirklich nicht besonders schön aussehen. Auf einem schicken Lastenrad sehe ich mich jedoch im Sommer zur Eisdiele radeln.
Probefahrt Lastenrad in Jena
Die Auswahl an Lastenrädern ist schier unendlich. Deshalb war klar, ich möchte das Fahrrad ausprobieren, bevor ich es kaufe. Zum diesem Zeitpunkt gab es in Jena leider noch nicht viele Fahrradgeschäfte, die ein Lastenrad zum Probefahren vorrätig hatten. Deshalb sind wir zu einem Händler in Weimar gedüst.
Seit Juli 2020 wird der Kauf eines Lastenrades auch vom Land Thüringen gefördert. Die Fahrradhändler in Jena haben nachgerüstet und man sieht bei den einschlägigen Adressen mittlerweile einige Modelle stehen. Eine Probefahrt sollte also auch hier in der Stadt möglich sein.
Unbedingt sollte man als Lastenrad-Neuling die verschiedenen Modelle teste. Das Fahrgefühl unterscheidet sich von dem eines herkömmlichen Fahrrads. Außerdem bekommt man so gleich noch eine Einführung in die Bedienelemente. Ein E-Lastenrad im Internet bestellen würde ich nicht. Außerdem unterstütze ich sehr gern kleine lokale Händler und habe immer einen Ansprechpartner vor Ort.
Ob man sich für ein zweirädriges oder dreirädriges Lastenfahrrad entscheidet, ist letztendlich Geschmackssache. Mir war ein fester Stand wichtig. Auf drei Rädern fühle ich mich sicherer. Dafür muss man sehr vorausschauend fahren und auch Kurven kann man nicht schnell nehmen, sonst kippt das Rad.
Auf meinen täglichen Wegen habe ich auch etliche Berge zu erklimmen. Eine ausreichende Motorisierung ist deshalb unerlässlich, es sei denn, man trainiert für den Iron Man. Dann kann man getrost auf elektrische Unterstützung verzichten.
Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt.
Ich habe mich für die höchste Motorisierung entschieden, den Yamaha Mittelmotor. Wie sinnvoll der ist, wurde mir schmerzlich bewusst, als mir auf meinem morgendlichen Weg zum Kindergarten der Akku ausging. 65 Kilo plus Beladung schieben sich nicht so einfach den Burgweg hoch. Der Muskelkater am nächsten Tag war ein friendly reminder: „Vergiss nich, regelmäßig auf die Akku-Anzeige zu schauen.“
Wie lange der Akku tatsächlich hält, kommt natürlich sehr auf die Belastung an. Bei geraden Strecken wie dem Saale-Wander-Weg kann man den Motor ausschalten. In der Innenstadt und in der hügeligen Umgebung habe ich ihn auf der höchsten Stufe und muss den Akku entsprechend öfter laden.
Alltagstauglichkeit des Lastenrads
Am Anfang übte ich das Manövrieren fleißig auf einem nahegelegenen Radweg. Gerade für Lastenrad-Anfänger ist es wichtig, bestimmte Situationen zu üben. Man kann nicht wie mit einem normalen Fahrrad in kleine Lücken schnippen oder mal eben fix von Straße zu Bürgersteig hüpfen. Besonders die dreirädrigen Lastenräder sind eher für ein gemütliches und vorausschauendes Fahren geeignet.
Besonders wichtig ist es auch, die Kinder in jedem Fall immer anzuschnallen. Selbst bei kleinen Strecken. Ich habe bereits einen Schreckmoment gehabt. In unserer Hofausfahrt musste ich scharf bremsen und dabei ist mein Sohn, der zu diesem Zeitpunkt schon abgeschnallt war, fast aus dem Transportkorb gefallen. Es ist zum Glück nichts passiert. Aber dieser Moment hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, die Kinder auf ihren entsprechenden Sitzen anzuschnallen. Eine Helmpflicht gibt es in unserer Familie sowieso. Kein Helm – kein Fahrspaß.
Vom Fahrradhasser zum Lastenrad-Tourguide
Die Entscheidung unser altes Auto abzustoßen und dafür ein Lastenrad zu kaufen, bereue ich keine Sekunde. Jeden Tag nutze ich das Fahrrad für sämtliche Erledigungen. Selbst Fahrradausflüge gibt es mittlerweile in meiner Familie. Wurden sie früher unter dem Stichwort „Alptraum“ abgetan, finden sie heute fast jedes Wochenende statt.
Förderung durch das Land Thüringen
Wer sich überlegt, auch auf ein Lastenrad umzusteigen, sollte sich auf jeden Fall über eine Förderung des Landes Thüringen informieren. So werden Lastenräder mit einer Motorisierung mit einem Betrag von bis zu 2000 Euro gefördert. Wichtig ist, dass der Antrag vor dem Kauf abgeschickt wird. Eine rückwirkende Beantragung ist nicht möglich.