Er ist Stylist, Content Creator und unter dem Namen sailtoengland als Fotograf tätig. Wenn er nicht gerade im Kolibri – concept store neue Outfits zusammenstellt oder Fotoshootings plant, kümmert sich Florian Hagenbring zusammen mit seiner Freundin Tina um den gemeinsamen großen Gemüsegarten und um Kater Willow. Außerdem arbeitet er gerade an seinem ersten Musikalbum. Ich habe mit ihm über das neue Leben auf dem Land gesprochen.

Interview

Bist du in Jena aufgewachsen?

Geboren und aufgewachsen. Meine Kindheit habe ich im Plattenbau verbracht. Ein paar Jahre nach der Wende bin ich dann mit meiner Familie in ein kleines Haus in den Kernbergen gezogen. Während meines Studiums habe ich auch dort gelebt. Mittlerweile wohne ich etwas außerhalb in einem kleinen Dörfchen. Mein Lebensmittelpunkt ist und bleibt aber Jena.

Was hast du studiert?

Da muss ich etwas ausholen. Mein Werdegang war ziemlich lang und steinig. Ich habe mich von klein auf eher für Kunst als für abstraktes Wissen interessiert. Auf dem Gymnasium fiel es mir schwer, dem angestaubten Stoff zu folgen, wenn Musik und Fotografie doch so viel schöner waren. Darum wechselte ich auf die Regelschule und von dort weiter zu Hauptschulkursen.
Irgendwie hat mich der Wirtschaftsunterricht echt interessiert und ich habe dann doch noch die Fachhochschulreife an einer Wirtschaftsschule in Jena gemacht. Einen Studienplatz habe ich in Jena nicht bekommen, also versuchte ich mein Glück in Erfurt. Von dort konnte ich dann an die Fachhochschule in Jena wechseln. So richtig Freunde sind die Wissenschaft und ich nicht geworden. Ich hatte falsche Vorstellungen vom Studienalltag und der Wunsch, der Kunst nachzugehen war einfach stärker.
Also kappte ich das Studium und suchte mir einen Job, der mir ermöglichte, nebenbei an meinen Projekten zu arbeiten.

Und den Job hast du gefunden?

Ja, ich arbeite für ein kleines lokales Modegeschäft. Neben dem Verkauf kümmere ich mich um den Webauftritt, Social Media und plane Fotoshootings. Mode hat mich schon immer interessiert und das Team ist mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen.

Du bist vor einiger Zeit mit deiner Freundin sogar aufs Dorf gezogen. Wie gefällt es euch so ländlich?

Alles hat seine Vor- und Nachteile, Metropolen aber auch die kleinste Siedlung. Eine Umstellung ist es nicht wirklich, die Anbindung ans Verkehrsnetz ist echt gut. Sechs Minuten benötigt der Regionalzug bis nach Jena. Hier haben wir Platz, Ruhe und einen großen Garten. Unser Kater kann Mäuse fangen.
Ich glaube es war die richtige Entscheidung. Allerdings fehlen mir manchmal die Annehmlichkeiten der Stadt, wie ein Späti oder langgeöffneter Supermarkt. Aber dann sehen wir am Abend die Sterne funkeln und wissen, es war die richtige Entscheidung.

Auf dem Land
Lange Spaziergänge über die Felder und sternenklarer Himmel in der Nacht –
zwei Pluspunkte für das Leben auf dem Land.
Foto: © Florian Hagenbring


Was ist der für dich größte Nachteil an einer kleinen Stadt?

Kleine Städte werden oft vernachlässigt. Das liegt gar nicht an den Städten an sich. Sie werden in puncto Kunst, Kultur und Kulinarik schlicht vergessen, wenn es um die Verteilung von Geldern oder Standortsuche von Unternehmen geht.
Jena ist da eine Ausnahme, ein Juwel. Es gibt zwei wunderschöne Programmkinos, die KulturArena, das Trafo, das Kassablanca. Die Liste ist lang. Und obwohl die Corona-Situation gerade mit den Kulturschaffenden hart ins Gericht geht, lassen sich die Menschen in Jena etwas einfallen. Im Moment finden Straßenpflaster-Festspiele statt, um wenigstens eine kleine Lücke zur Kulturarena zu schließen.

Kommt für dich noch einmal ein Umzug in eine Großstadt in Frage?

Jena ist meine Heimat und das wird sie bleiben. Meine Freundin und ich reisen viel und haben schon viele Städte besichtigt. Doch das Überangebot und die Massen an Menschen werden mir schnell zu viel. Ich fühle mich in vielen europäischen Großstädten wohl, Berlin, Amsterdam oder London aber die Eindrücke aus all den Reisen wären nicht so schön, wenn ich sie nicht in meiner Heimat auf mich wirken lassen könnte.

Man weiß nie, wo einen das Leben hin verschlägt. Sollte sich eine Gelegenheit ergeben, ist mir aber am wichtigsten, mit wem ich zusammen bin und nicht wo. Aktuell könnte ich es mir nicht vorstellen aber wer weiß was die Zukunft bringt.

Florian Foto
Großstädte sind schön. Die Heimat noch schöner.
Foto: © Florian Hagenbring

Seit eurem Umzug habt ihr auch einen Garten. Was ist denn dein Tipp für Garten-Anfänger?

Liebe und Gießen!
Am einfachsten für den Anbau sind tatsächlich die Klassiker: Tomaten, Erdbeeren, Kürbisse und Zucchini. Die brauchen nach der Anzucht kaum noch Pflege und bringen viel Ertrag. Ein bisschen Glück mit dem richtigen Boden und den Wetterverhältnissen braucht man auch. Tatsächlich sollte man in eine Gießkanne investieren. Wir haben unseren eigenen Garten am Haus, wer einen Schrebergarten pachtet, muss sicher noch ein paar mehr Dinge beachten, aber das brauchten wir zum Glück nicht.

Verbringst du dort den perfekten „lazy Sunday afternoon“?

Ja. Im Sommer liege ich auf jeden Fall am liebsten in der Hollywood-Schaukel im Garten. An kühleren Tagen findet man mich überall da, wo ein Feuer brennt.

Findest du deine Inspiration auch auf der Hollywoodschaukel?

Das kann schon passieren. Am meisten inspirieren mich Momente: ein Song zur richtigen Zeit oder ein Zitat aus einem Buch auf dem Flohmarkt. Gespräche, die ich belausche oder ein Wort, das mir zufliegt. Im Internet, auf der Straße oder beim Träumen auf der Hollywoodschaukel. Inspiration kann man nicht beeinflussen. Manchmal dauert es Monate bis ich eine Idee für ein Foto-Shooting oder einen Song habe. Dann gibt es eine Woche in der sich alles zusammenfügt. Das Leben als Künstler ist geprägt von Höhen und Tiefen.

Du machst nicht nur Fotos, sondern auch Musik.

Ja, ich bin leidenschaftlicher Musiker seit ungefähr 13 Jahren. Jetzt habe ich endlich die Reife und den Mut an einem ersten Album zu arbeiten. Mit etwas Glück gibt es also neben Fotos auch bald etwas Musik von mir zu hören.

Was steht gerade auf deiner persönlichen Playlist auf Nummer Eins?

Ganz klar: Westerman – Blue Comanche

Hast du noch einen Tipp für alle, die Jena nicht kennen?

Alibaba am Anfang der Lutherstraße macht die besten Falafel.
Wenn man irgendwann wieder ausgehen kann, unbedingt ein Konzert im Glashaus oder Trafo besuchen. Beide Orte sind einzigartig und erzeugen eine Intimität, die sonst bei den meisten Konzerten fehlt.

Eine Auswahl an Fotografien von Florian findet ihr hier:

Foto sailtoengland
© Florian Hagenbring // sailtoengland



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