Warum es mutig ist, die Provinz zu verlassen, aber mutiger zu bleiben.
Während die deutschen Großstädte unter der Last an Zuzügen fast zusammenbrechen, leiden die Städte und Dörfer in vielen Provinzen unter ganz anderen Problemen. Natürlich steigen auch hier die Mieten. Aber das eigentliche Problem liegt in dem Attraktivitätsverlust der Provinz. Angeblich gibt es zu wenig Arbeitsplätze, zu wenig Kultur und zu wenig Menschen, die über den Tellerrand schauen. Die kleinen Innenstädte sind ein trauriger Haufen aus „zu vermieten“-Schildern.
Die Politik ist schuld. Natürlich.
Fehlt Gewohnheitstieren der Mut?
Aber sind nicht wir es, die Bewohner, die Menschen, die eine Stadt aufleben oder sterben lassen? Nehmen wir den Strukturwandel in ländlichen Gegenden und kleinen Städten nicht einfach hin ohne selbst etwas dagegen zu tun? Weil uns der Mut fehlt, weil wir Gewohnheitstiere sind und weil Berlin so verlockend kosmopolitisch ist?
In meinen Zwanzigern hielt mich selbst nichts in meiner Heimat. Ich wollte die Welt erobern und die Kleinstadt hinter mir lassen. Das Fernweh war immer größer als das Heimweh. Jetzt bin ich zurückgekehrt und mit mir viele meiner alten Freunde – großstadtmüde und ausgelaugt.
In meiner bisherigen Branche finde ich hier keinen Job, aber ich habe die Möglichkeit, mich neu zu orientieren und etwas anderes zu lernen. Den Mut zur Veränderung habe ich. Es benötigt auch Mut, auf Annehmlichkeiten zu verzichten. Hier gibt nur einen Sushi-Lieferservice und der einzige Späti schließt Samstag um 20 Uhr. Ein Einkaufsbummel ist in zwei Stunden erledigt. Es ist eine Umstellung, aber sie lohnt sich. Kein Mensch braucht zwanzig Imbissläden in einer Straße, aber wir alle brauchen Mut. Mut anzupacken, etwas anderes zu probieren und die kleinen Städte und Dörfer dieser Republik zu retten.